„Fremd sein“ Dialogtraining – Die Welt einmal mit anderen Augen sehen

In der letzten Woche vor Weihnachten hatten die drei vierten Klassen der Bilingualen Schule Wiener Neustadt ein Lernerlebnis der anderen Art. In einem vierstündigen Workshop konnten die SchülerInnen hautnah miterleben, was es bedeuten muss als Flüchtling nach Europa zu kommen. Zuerst nahmen die Kinder selbst Rollen ein, als SozialarbeiterInnen, Fremdenpolizei, Flüchtlinge und PolitikerInnen bzw. RichterInnen wurde das Asylverfahren im fiktiven Staat „Meinland“ nachgespielt.
„Ich habe mich sehr hilflos gefühlt als Flüchtling, ich kannte mich gar nicht aus wie die Behördenwege funktionieren“, sagte eine Schülerin nach dem Planspiel.
„Man hat schon Mitgefühl, wenn man über das Schicksal dieser Menschen entschieden muss“, meinte hingegen ein anderer Schüler, der einen Richter verkörperte.
In einer anschließenden Reflexion wurden Themen wie Macht vs. Hilflosigkeit, spezifische Charakteristika der einzelnen Rollen und Gefühle während des Rollenspiels aufgearbeitet.
Um die fiktive Situation mit Österreich vergleichen zu können wurden anschließend interaktiv die Grundzüge des Asylrechts erläutert und im „Faktencheck“ mit einigen Vorurteilen zum Thema Flucht und Asyl aufgeräumt.
Besonders berührend war der letzte Programmpunkt: Der syrische Physiklehrer, Oppositionelle und Journalist Issa erzählte den SchülerInnen von seinem Leben in Syrien, der schwierigen Entscheidung seine Heimat zu verlassen und der gefährlichen Balkanfluchtroute, die ihn vor zwei Jahren bis nach Österreich geführt hatte. Alle drei Klassen hatten die Möglichkeit Fragen zu stellen und es wurde angeregt über Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Schlepperei diskutiert. Aber auch andere Themen beschäftigten die Klasse: „Feierst du eigentlich Weihnachten, Issa?“, wollte eine Schülerin schließlich wissen. Der Zeitzeuge lies trotz seiner schwierigen Vergangenheit keine Frage unbeantwortet und vermittelte den Jugendlichen seine Hoffnung auf eine Zukunft in seiner Heimat. „Ich mag Österreich sehr, aber ich habe dreißig Jahre in Syrien gelebt. Ich träume jeden Tag davon in mein Dorf zurückzukehren.“

Das „Fremd sein“ Dialogtraining wurde neben dem Beitrag des Zeitzeugen von drei Trainerinnen aus Wien durchgeführt. Deren Ausbildung erfolgte im Rahmen der „mehr als nur flüchtig“ Kampagne der Bundesjugendvertretung. (BJV)

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